
Michael Kerstgens
Ausstellungseröffnung „Der Bergarbeiterstreik in Großbritanien 1984/1985“
9. Mai um 19:00 - 20:30
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Michael Kerstgens im Gespräch mit Hans-Gerd Jöhring.
Der Fotograf Michael Kerstgens hat seit 1990 eine besondere Beziehung zu Mühlhausen. Damals fotografierte er im Auftrag des „Stern“ Mühlhausen als „vergessene Stadt“, 2019 erschien der Bildband „ZwischenZeiten“ mit den Fotografien von 1990 und in der Stadtbibliothek war eine Auswahl der Schwarzweiß-Fotografien zu sehen. Ein wichtiger Meilenstein der Arbeit Kerstgens sind die Bilder vom Bergarbeiterstreik in Großbritannien und darum gehts:
Der Bergarbeiterstreik in Großbritannien 1984/1985
Fotografien von Michael Kerstgens
Der Bergarbeiterstreik von 1984/85 ist bis heute der letzte große Arbeitskampf in Großbritannien geblieben. Er markiert das Ende der Ära der Industriekultur und den Beginn einer neuen Kultur, der Finanzkultur – nicht nur in Großbritannien.
Als der Streik in Großbritannien 1984 auf seinem Höhepunkt war, beschloss Kerstgens als junger Fotografie-Student den Streik zu fotografieren. 1960 in Süd-Wales geboren, hatte er gute Kontakte in die lokale Bergbauindustrie, da sollte es doch gelingen, Zugang zu den Akteuren zu bekommen. Aber der Streik war brutal und hatte die britische Gesellschaft gespalten. Das Misstrauen gegenüber dem „Deutschen“ war groß und fotografieren konnte Michael Kerstgens in Wales nur an der Peripherie, nicht aber streikende Arbeiter und ihre Aktivitäten.
Das Blatt wendete sich, als er beschloss ins Zentrum des Geschehens nach Yorkshire zu fahren und dort die Aktivisten Marsha und Stuart Marshall traf. „Spud“ vertraute dem jungen Fotografen und lud ihn ein in seiner Familie zu wohnen. Das öffnete ihm die Tür zum Streikgeschehen und den Folgen jenseits der Demonstrationen, der gewalttätigen Auseinandersetzungen und der öffentlich geführten Diskussionen auf der politischen Bühne.
Kerstgens fotografierte Versammlungen hinter verschlossenen Türen, Frauen, die zuvor politisch nicht aktiv waren, jetzt aber ihren Männern beistanden und den Protest mit organisierten. Er fotografierte Familien und ihre Kinder zu hause oder bei gelegentlichen Feiern, den Klau minderwertiger Kohle zum Beheizen der Häuser, die Organisation von Spontandemonstrationen, die Auseinandersetzungen mit der Polizei. Er fotografierte den Mut und den Stolz von Arbeitern, die jenseits politischer Demagogie ihre Zugehörigkeit zur Arbeiterklasse lebten. Und er fotografierte ihre Erschöpfung und Verzweiflung in der Niederlage am Ende des langen Weges.
Die Ausstellung ist den gesamten Mai 2025 während der Öffnungszeiten der Stadtbibliothek bei freiem Eintritt zu besichtigen.